safeFM 001 - Kardinalfehler des FM: LV nicht bekannt oder verstanden
Warum scheitern so viele FM Projekte
09.03.2024 17 min Carsten Janiec
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser ersten Folge von safeFM wird der Kardinalfehler vieler FM-Projekte diskutiert, nämlich die mangelnde Kenntnis oder das fehlende Verständnis des Leistungsverzeichnisses durch Mitarbeiter. Das Leistungsverzeichnis ist entscheidend für die Erfüllung von Verträgen und die Gewinnung von Erträgen im Facility Management. Wenn Mitarbeiter das LV nicht kennen, können sie entweder unnötige Sonderleistungen erbringen, die nicht abgerechnet werden, oder das Leistungssoll nicht erfüllen, was zu Regressforderungen oder verlorenem Geld führen kann.
In dieser Folge von SAFE FM wird der Kardinalfehler vieler FM-Projekte diskutiert, nämlich die mangelnde Kenntnis oder das fehlende Verständnis des Leistungsverzeichnisses durch Mitarbeiter. Das Leistungsverzeichnis ist entscheidend für die Erfüllung von Verträgen und die Gewinnung von Erträgen im Facility Management. Wenn Mitarbeiter das LV nicht kennen, können sie entweder unnötige Sonderleistungen erbringen, die nicht abgerechnet werden, oder das Leistungssoll nicht erfüllen, was zu Regressforderungen oder verlorenem Geld führen kann.
Transkript
Willkommen zu SAFE FM, dem deutschsprachigen Podcast zu Facility Management,
Brandschutz, Arbeits- und Gebäudesicherheit.
Ich habe diese Folge heute als der Kardinalfehler in vielen FM-Projekten bezeichnet.
Was ist dieser Kardinalfehler? Dieser Kardinalfehler ist im Grunde genommen
die Situation, dass die Mitarbeiter das Leistungsverzeichnis entweder nicht
kennen oder zumindest nicht verstehen, nicht durchdrungen haben.
Jetzt ist das sicherlich eine sehr drastische Aussage, eine Aussage,
wo man vielleicht auch sagen könnte, naja, was der da sagt, das ist schon sehr,
sehr hoch gegriffen und daran wird doch jetzt ein Projekt nicht scheitern.
Ob das wirklich so ist, dass daran kein Projekt scheitert, das werden wir uns
jetzt einmal kurz anhören.
Was ist das Problem und warum ist das LV eigentlich so wichtig?
Das Leistungsverzeichnis, natürlich im Zusammenhang mit dem zugrunde liegenden
Dienstleistungsvertrag,
ist ein Dokument, das auf der einen Seite den Charakter des Projektes wesentlich
bestimmt, vor allem aber das Leistungssoll, das Leistungsminimum, das,
was man mindestens erbringen muss, darlegt.
Und wenn ich das nicht kenne, dann weiß ich nicht, was ich machen muss,
um diesen Vertrag zu erfüllen und schlussendlich das Geld zu verdienen,
was jeden Monat, das ist ja die typische Aufteilung im FM, überwiesen wird.
Auf der anderen Seite weiß ich aber auch nicht, welche Leistungen ich vielleicht
im guten Glauben daran, dass das für das Projekt wichtig ist, zu viel erbringe.
Typischerweise werden Sonderleistungen in solchen Projekten erbracht,
die einfach nicht zur Abrechnung geführt werden.
Und das führt dazu, dass ich einfach Geld verliere.
Ich habe ja Ressourcen eingesetzt, die hätte ich ja auch anders einsetzen können
oder sie gar nicht beschaffen müssen.
Oder die ganz andere Situation bei Sonderleistungen ohne Abrechnung ist,
dass man sie dem Kunden auf der emotionalen Ebene nicht verkauft hat.
Sprich, man hat dem Kunden nicht gesagt, was man für ihn noch zusätzlich erbringt,
was gegebenenfalls in einem Projekt strategisch sehr sinnvoll sein kann.
Jetzt immer die Frage, warum haben die Menschen keine Kenntnis vom Leistungsverzeichnis?
Und kleiner Einschub, das wird mir immer wieder berichtet von der Seite der Auftragnehmer,
von der Seite der Auftraggeber, dass viele im Objekt tätige Menschen von der
Objektleitung runter darunter bis zu den Teilzeit-Aushilfen,
die irgendwelche Supportleistungen erbringen,
einfach nicht wissen, was sie tun müssen.
Und jetzt eben, wie gesagt, die Frage, warum besteht diese Unkenntnis?
Sie besteht zum Teil, weil Leistungsverzeichnisse in den Dienstleistungsunternehmen
wie ein Staatsgeheimnis behandelt werden.
Man könnte sich daraus ja Dinge ableiten oder die Mitarbeiter verwechseln wieder
brutto netto und denken, wenn für die Leistung 32 Euro abgerechnet wird,
dann muss ich ja viel, viel mehr eigentlich verdienen.
Ja, das kann natürlich sein und das wird man sicherlich nicht jedem Mitarbeiter
klar machen können, wie die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind.
Wenn ich aber meinem Objektleiter, meiner Objektleiterin das LV inklusive Bepreisung
nicht geben mag aus eben diesem vorgenannten Grund,
dann muss ich mir Gedanken machen, ob diese Person wirklich als Objektleitung geeignet ist.
Auf der anderen Seite, wenn ich das LV herunterbreche, kann ich ja zum Beispiel
solche Kostenansätze herausnehmen, aber das werden wir uns gleich noch einmal angucken.
Also, spricht man insbesondere auf der Ebene der Objektleiter mit den Personen,
dann kommen im Grunde genommen drei Argumente immer wieder zum Tragen.
Ich habe keine Zeit dazu, das Ganze zu lesen.
In meinen Augen ein Argument, das nicht tragfähig ist oder der Hinweis,
dass das Ganze zu anstrengend sei oder aber man auch gar nicht das Fachwissen
habe, um dieses Leistungsverzeichnis zu verstehen.
Das mit dem anstrengend, ja, da brauche ich glaube ich nicht viel zu sagen,
dann ist so eine Mitarbeiterin, so ein Mitarbeiter im Facility Management sicherlich
nicht richtig aufgehoben und bei mangelndem Fachwissen stellt sich mir wieder die Frage,
ist die Person eigentlich geeignet, den Job zu machen?
Dann muss ich als darüber angeordnete Führungskraft mir, im Regelfall werde
ich eine solche Mitarbeiterin, einen solchen Mitarbeiter wegen einer solchen
Aussage nun mal nicht heraussetzen, aber die Mühe machen,
mich mit diesen Personen hinsetzen und das Leistungsverzeichnis durcharbeiten.
Es gibt aber auch, und das ist teilweise nicht ganz unbegründet,
den Hinweis, dass das Leistungsverzeichnis einfach nicht nachvollziehbar sei.
Das mag angehen. Viele Leistungsverzeichnisse sind verklausuliert,
sind relativ kryptisch, weil viele Abkürzungen drinne vorkommen,
Vor- und Zurückverweise auftreten und so weiter und so fort. Das kann alles angehen.
Aber es muss ja im Unternehmen irgendjemanden geben, im Zweifel die Person,
die den Dienstleistungsvertrag, zu dem das Leistungsverzeichnis gehört, unterschrieben hat.
Und die muss dieses Dokument ja verstanden haben.
Und dementsprechend muss dann mindestens mal diese Person in der Lage sein,
dieses Dokument, dieses Konvolut von Dokumenten, aus mindestens mal Dienstleistungsvertrag
und Leistungsverzeichnis zu erläutern.
Aber hier ist häufig dann auch wiederum das Thema, dass die Notwendigkeit gar nicht erkannt wird.
Sowohl bei den Unternehmen, den mittleren und höheren Führungskräften.
Was sollen die Leute das wissen? Wir wollen die nicht damit belasten,
ist dann so eine typische Argumentation.
Aber auch für den Mitarbeiter nicht. Wir machen halt einfach unseren Job wie immer und gut ist.
Wenn wir diese beiden Sichtweisen, die zu einer Ansicht führen,
dass das Ganze nicht notwendig wäre, uns genauer anschauen, kommen wir zu der
Fragestellung, welche Probleme folgen denn aus der Unkenntnis?
Sicherlich am gefährlichsten ist, dass das Leistungssoll gar nicht erst erfüllt wird.
Das Ganze kann zu Regressforderungen führen,
kann im Worst Case nicht nur zu Zurückzahlungen bereits geleisteter Abschläge,
diese typischen 1,12 Abschläge per anno führen, sondern kann auch dazu führen,
dass wenn Anlagen defekt werden aufgrund mangelnder Pflege zum Beispiel,
es zu deutlich höheren Regressforderungen kommen kann.
Und vielleicht ist dieses Nicht-Erfüllen von Vertragsleistungen auch ein Grund
mit, warum doch so mancher FM-Vertrag nach relativ kurzer Zeit wieder endet.
Für das Projekt als solches und teilweise auch für die Dienstleister kann aber
auch die Übererfüllung des Leistungssäuls zu erheblichen Problemen der Wirtschaftlichkeit führen.
Es soll Projekte geben, wo Leute beschäftigt werden, für die es gar kein Geld mehr gibt.
Da steht also gar keine Zahlung mehr des Auftraggebers dieser Position gegenüber
und dann muss man sich halt Gedanken machen, ob das funktionieren kann.
Ein zweites daraus folgende Thema neben der Zahlung ist natürlich auch generell
die Überlegung, ob nicht vielleicht unpassendes Personal am Objekt eingesetzt
wird, dass ich andere Mitarbeiter einsetzen kann,
die zum Beispiel auch in der Lage sind, ein deutliches Mehr an Leistung zu erbringen.
Und mit einer deutlich mehreren Leistung, meine ich zum Beispiel,
dass man Mitarbeiter einsetzen kann, die eine größere Wertschöpfungstiefe erreichen
können, indem sie zum Beispiel viele Wartungsleistungen selber erbringen können.
Das muss man sich dann alles angucken.
Die Thematik dieser Wirtschaftlichkeit fängt häufig schon in der Start-up-Phase an.
In der Start-up-Phase habe ich häufig, je nach Vertrag, noch die Möglichkeit,
das Leistungsverzeichnis mindestens mal hinsichtlich der Mengen anzupassen.
Das wird dann nicht gemacht, wenn man sich nicht frühzeitig mit dem Leistungsverzeichnis
intensiv auseinandersetzt.
Und zum anderen habe ich die Situation,
dass im Grunde genommen auch die Erkenntnisse aus einer Start-up-Phase nicht
mit, und da gehört ja die Anpassung der Leistung an das LV dazu,
nicht mit in die spätere Betriebsphase übernommen wird.
All das, was ich gerade dargestellt habe, kann insgesamt zu einer Schieflage
des Projektes mindestens mal in wirtschaftlicher Hinsicht führen.
Was muss passieren, damit man dieses Problem in den Griff bekommt?
Die FVs müssen mindestens mal den Objektleitungen bekannt sein.
Und diese müssen sie dann im Anschluss auch den operativen Kräften mitteilen,
gegebenenfalls ohne Bepreisung und nur in den sie betreffenden Ausschnitten.
Im Bereich der Reinigung wird dies zum Beispiel mit Revierplänen gemacht.
Die Revierpläne sind ja im Endeffekt nichts anderes als ein heruntergebrochenes
Leistungspaket aus einem Leistungsverzeichnis.
Aber auch zum Beispiel, indem man sauber strukturierte Wartungspläne erstellt,
die verständlich sind, also man kann klar verstehen, welche Leistung dahinter steht,
die terminiert sind und auch überprüfbar sind.
Natürlich auch insbesondere überprüfbar im Hinblick auf die Terminierung,
sprich sind die Leistungen zum richtigen Zeitpunkt erbracht worden.
Und man sollte auch die operativen Kräfte aus den verschiedenen Bereichen im
Grunde genommen laufend mit einbeziehen, um zu überprüfen, ob die angebotene
und beauftragte Leistung eigentlich noch passt.
Zu viel, zu wenig Leistung, falsche Leistung oder auch fehlende Leistung,
weil zum Beispiel zwischenzeitlich neue Anlagen installiert wurden,
für die es gar kein Wartungs- und Betriebsleistungspaket im LV gibt. gibt.
Und bei den Mehrleistungen muss man halt prüfen, ob man sie als Sonderleistung
abrechnen kann oder muss.
Auf der einen Seite oder aber auch zum Beispiel auf den Kunden zugeht,
um festzustellen, ob eine Anpassung des Leistungsverzeichnisses notwendig ist
und vielleicht für beide Seiten auch von Interesse ist,
da so die Leistung für den den Auftragnehmer planbar ist und für den Auftraggeber
zum einen sichergestellt ist, dass die Leistung erbracht wird.
Das kann sich um sicherheitstechnische Aspekte handeln. Das kann sich aber natürlich auch darum handeln,
dass dem Dienstleister die Pflege des Mieters, des Objektes zum Beispiel, damit übertragen wird.
Und man muss auch immer schauen,
dass die Objektleitung in erster Linie, in zweiter Linie auch übergeordnete
Strukturen die Erfüllung des Leistungssäulens kontrollen.
Und zwar kontrollieren im Sinne von natürlich kontrollieren,
ob sie erfüllt wurden, aber auch dann steuernd eingreifend.
Das kann ja Gründe haben, warum gewisse Leistungen nicht erbracht werden.
Aber dann muss man frühzeitig anfangen, hier durch geeignete Maßnahmen gegenzusteuern,
sodass die Leistungen doch pünktlich und im geforderten Umfang erbracht werden.
Jeder von uns kennt es, ab Oktober nach den letzten Sommerferien der einzelnen
Personen beginnt ein riesiger Run auf internen und externe Wartungsleistung,
weil in den ersten drei Quartalen des Jahres hier nicht dran gearbeitet wurde.
Das ist schlecht und kann auch nicht wirtschaftlich sein.
Was bleibt an Erkenntnis daraus? In meinen Augen ganz klar, dass FH ist eines
der wichtigsten Steuerinstrumente, um ein FM-Projekt auf Linie zu halten.
Es gibt mir die Sicherheit, gerade aus Auftragnehmer-Sicht gesehen,
dass ich auf dem richtigen Pfad bin, dass ich die Leistung erbringe,
die ich erbringen muss und damit einfach das Projekt sauberer abwickele.
Und die Sichtweise haben wir jetzt ja gerade sehr stark eingenommen.
Natürlich gilt das selber aber auch auf der Auftraggeberseite.
Und hinzu kommt natürlich noch, dass ich, wenn ich das LV in meinen Steuerungsprozess
für das Projekt sauber integriert habe,
ich auch damit einen Forecast über Kosten und so weiter liefern kann,
also sprich die wirtschaftliche Seite des Projektes sehr, sehr gut im Griff behalten kann.
Und ganz aktuell, wir haben in den letzten Monaten, teilweise Jahren doch extreme
Preisentwicklungen sowohl bei Material als auch bei Dienstleistungen erlebt.
Es ist einfach natürlich auch ein Mittel,
ständig Make-or-Buy-Entscheidung, also sprich die Entscheidung,
ob ich Leistungen selber erbringe oder am Markt einkaufe, zu überdenken und
die Preisentwicklung im Auge zu behalten, um vielleicht auch frühzeitig genug,
wenn entsprechende Klauseln in den Verträgen zum Beispiel vorhanden sind,
die Auftraggeberseite um Anpassungen zu ersuchen.
Oder diese auch einfach zu fordern, wenn das aus dem Vertrag klar hervorgeht.
Also, schlussendlich bleibt in meiner Sicht es einfach notwendig,
dass mindestens mal die Objektleitung die Leistungsverzeichnisse und im Grunde
genommen auch den dahinterstehenden Vertrag eines Projektes vollumfassend kennt,
inklusive aller Preise und so weiter und so fort.
Und je nachdem, wie es mit den nachgelagerten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Projekt aussieht,
bekommen diese entweder für sie heruntergebrochene Dokumente oder aber bei entsprechenden
Technikern und so weiter,
finde ich, kann man denen auch das Leistungsverzeichnis der entsprechenden technischen
Bereiche übergeben und gegebenenfalls mit ihnen besprechen.
Es ist auch nicht schlecht, wenn die Techniker das Leistungsverzeichnis,
was hinter den Wartungsplänen steht, wirklich im Original kennen und da mal
reingucken können, denn das macht manches einfach auch klarer.
Ja, damit kommen wir schon zum Abschluss. Wie gesagt, in meinen Augen ein extrem wichtiges Thema.
Man kann gar nicht genug Wissen in diesem Bereich haben als Projektverantwortlicher.
Und vor allem, es ist das einzige Instrument, das wir wirklich haben,
um zu gucken, ob das, was wir machen mit den Anforderungen, den vertraglichen
Grundlagen übereinstimmt.
In diesem Sinne, ich wünsche viel Spaß und Erfolg.
Wir hören uns bei der nächsten Folge.
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