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safeFM 008 - BCM 02: Abgrenzung von Resilienz und Robustheit

Robustheit und Resilienz im Business Continuity Management: Warum Unternehmen beides brauchen, um Krisen zu überstehen und gestärkt daraus hervorzugehen

04.05.2025 13 min Carsten Janiec

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Episode geht es um die Begriffe Robustheit und Resilienz im Kontext des Business Continuity Managements (BCM). Nach einer kurzen Wiederholung, was BCM bedeutet – nämlich die systematische Planung und Steuerung, um kritische Geschäftsprozesse auch bei Störungen aufrechtzuerhalten und schnell wiederherzustellen –, liegt der Fokus diesmal auf den Unterschieden und der Bedeutung von Robustheit und Resilienz für ein effektives BCM.

Themen dieser Folge:
  • Robustheit:
    Die Fähigkeit eines Systems oder Unternehmens, Störungen zu widerstehen, ohne dass es zu Funktionsverlusten kommt. Robustheit sorgt für Stabilität und wird durch Maßnahmen wie strukturelle Unempfindlichkeit, präventive Risikopuffer und kontextspezifische Auslegung (z. B. nach ISO 22301) erreicht. Allerdings kann zu viel Robustheit zu hohen Fixkosten und Innovationshemmnissen führen.

  • Resilienz:
    Beschreibt die Fähigkeit, sich nach einer Störung schnell wieder zu erholen und sich an neue Bedingungen anzupassen. Resiliente Organisationen zeichnen sich durch Lernfähigkeit, Anpassungsbereitschaft, eine gemeinsame Vision und transparente Kommunikation aus. Flexible Arbeitsprozesse fördern die Resilienz und machen Unternehmen widerstandsfähig gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen.

  • Vergleich und Zusammenspiel:
    Robustheit steht für Widerstandsfähigkeit, Resilienz für Anpassungsfähigkeit. Beide Konzepte ergänzen sich: Während Robustheit kurzfristige Stabilität bietet, ermöglicht Resilienz eine schnelle Erholung und langfristige Anpassung. Die anschauliche Metapher: Robustheit ist das Stehenbleiben im Boxkampf, Resilienz das schnelle Wiederaufstehen nach einem Treffer.

  • Praxisbezug:
    Unternehmen mit zertifiziertem BCM können ihre Ausfallzeiten signifikant reduzieren. Eine Studie der Handelskammer Hamburg zeigt, dass solche Unternehmen ihre Ausfallzeiten um 63 Prozent senken konnten – ein Beleg für die Wirksamkeit von BCM, das sowohl Robustheit als auch Resilienz integriert
-> Themencluster HK Hamburg: ⁣Resilienz im Unternehmen

Transkript

Moin Leute, nach der ersten Folge zum BCM erreichte mich ganz schnell eine E-Mail von Musa. In dieser Mail stellte er die Frage, was steht hinter den Begriffen Robustheit und Resilienz? Und wie ist ihr Verhältnis zum Business Continuity Management? Da diese Folge, die ihr jetzt hört, schon soweit vorbereitet war, habe ich mir überlegt, spreche ich sie direkt ein, bevor ich lange E-Mails schreibe. Deshalb schnell gestartet. Worum geht es heute? Es geht um das grundlegende Verständnis dieser beiden Begriffe Robustheit und Resilienz bezogen auf das Business Continuity Management. Was Business Continuity Management ist, das haben wir beim letzten Mal, denke ich mal, relativ ausführlich besprochen. Es geht um die Sicherstellung der Fortführung kritischer Geschäftsprozesse bei Störungen, äußeren wie auch möglicherweise inneren Einflüssen. Business Continuity Management könnte man als systematischen Managementprozess definieren, der Organisationen, Unternehmen durch präventive Strategien, durch Notfallpläne eine kontinuierliche Verbesserung, Optimierung darauf vorbereitet, dass sie ihre kritischen Geschäftsprozesse auch während disruptiver Ereignisse, wie zum Beispiel IT-Ausfällen, Naturkatastrophen, Lieferkettenverzögerung, ein riesengroßes Thema oder auch Pandemien aufrechterhalten können oder sie zumindest schnell wiederherstellen. Ziel ist also die Steigerung der Resilienz, den Begriff schauen wir uns jetzt ja gleich an, um wirtschaftliche Schäden, Reputationsverluste durch Lieferunterbrechungen oder Betriebsunterbrechungen generell zu minimieren. Das Ziel des BCM ist also, Risiken zu erkennen, ihnen vorzubeugen und im Falle eines Falles schnell darauf reagieren und die Prozesse wiederherstellen zu können. Kommen wir jetzt als erstes zum Begriff der Robustheit. Grundsätzlich ist Gegenstand der Robustheit die Fähigkeit eines Systems, Störungen ohne Funktionsverlust zu überstehen. Man könnte es definieren als Robustheit, bezeichnet im unternehmerischen Kontext die inhärente Fähigkeit von Geschäftsprozessen, Organisationsstrukturen, also die ihnen innewohnende Fähigkeit. Die Funktionalität unter variablen Bedingungen aufrecht zu erhalten, ohne dass ihre ursprüngliche Architektur angepasst wird. Im Gegensatz zu den eher reaktiven Resilienzstrategien, die wir nachfolgend uns anschauen, fokussiert sich diese Robustheit auf präventive Stabilität. Ich versuche also von vornherein das System so aufzusetzen, dass seine Empfindlichkeit gegenüber Störungen ganz, ganz klein ist. So klein, dass sie im Grunde keine kritischen Auswirkungen entfalten können. Die Robustheit zielt also auf Prävention und Stabilität ab. Dabei gibt es im Wesentlichen drei Merkmale. Das erste ist die strukturelle Unempfindlichkeit. Der Prozess soll so robust sein, durch Redudanzen, modulare Architekturen und so weiter und so fort, dass im Grunde genommen die negativen Abweichungen einfach schon durch die Struktur des Prozesses verhindert werden. Das zweite Kriterium ist die präventive Risikopufferung. Man überdimensioniert zum Beispiel Kapazitäten oder die Fehlertoleranz, indem man die Parameter so setzt, dass sie einfach immer eingehalten werden. Das führt natürlich dazu, dass ich relativ stabil in den Prozessen bleibe, habe auf der anderen Seite allerdings auch hohe Investitions- und auch laufende Betriebskosten, selbst dann, wenn niemals eine Krise eingetreten ist. Und dann gibt es noch das dritte Kriterium, die kontextspezifische Auslegung nach ISO 22301. Da wird nämlich im Rahmenwerk gefordert, dass Szenario-basierte Robustheitsanalysen durchgeführt werden. Da werden dann so 50 und mehr Störfaktoren pro Prozesskette simuliert. Und damit möchte man eben genau individuell den einzelnen Prozess in seinem Kontext untersuchen. Es gibt aber auch Grenzen der Robustheit. Die Prozesse, die robust sind, sind operativ stabil, aber sie sind möglicherweise etwas innovationsfeindlicher, weil man sehr, sehr vorsichtig in diesem Prozess operiert. Sie können durch Überdimensionierung, das ist diese präventive Risikopufferung, zu deutlich höheren Fixkosten führen. In Literatur werden 15 bis 25 Prozent höhere Fixkosten angegeben. Die starre Prozessarchitektur, die nun mal dann schnell mit diesem System einhergeht, führt häufig dazu, dass zum Beispiel agile Methodiken, agile Transformationen nicht umgesetzt werden können. Und das alles führt zu gewissen Einschränkungen. Robustheit dort, wo sie sinnvoll ist, ist extrem hilfreich. Es gibt aber auch genug Konstellationen, wo man sich überlegen muss, ob eine hochrobuste Organisation wirklich das Beste ist. Kommen wir nun zur Resilienz. Grundsätzlicher Gegenstand der Resilienz ist die Fähigkeit eines Systems, nach einer Störung schnell wieder aufzustehen, wieder hochzufahren, sich also zu erholen und vor allem auch anzupassen. Man könnte als Definition wie folgt ausführen. Resilienz im unternehmerischen Kontext beschreibt die Fähigkeit einer Organisation eines Unternehmens durch ein integriertes Zusammenspiel von Strategie, Prozessen und Kultur, sowohl plötzliche Schocks, das waren vorher diese disruptiven Ereignisse, als auch langfristige Veränderungen zu absorbieren, sich an diese anzupassen und dabei kritische Geschäftsfunktionen aufrechtzuerhalten oder gestärkt daraus hervorzugehen. Hier wird der Fokus also ganz offensichtlich auf die Anpassungsfähigkeit und Lernfähigkeit gesetzt. Damit ist im Endeffekt die Resilienz eine fast schon denknotwendige Erweiterung des Business Continuity Management, das natürlich im Wesentlichen darauf ausgerichtet ist, akute Störungen zu bewältigen. Im Zusammenspiel mit der Resilienz hat man damit dann aber eben länger wirkende Methode. Da gibt es dann gewisse Grundsätze nach der ISO 22316, wird ein Rad dargestellt, dann geht es um Vision und so weiter. Da wird dargestellt, dass das im Endeffekt ein kompletter Managementansatz ist. Da gibt es auch gewisse Vorgaben, da wird dann gesagt, wenn eine Organisation ein belastbares Resilienzsystem haben möchte, dann hat sie typischerweise gewisse Eigenschaften, zum Beispiel eine gemeinsame Vision und die Transparenz des Zwecks im Unternehmen. Verständnis und Beeinflussung des Umfelds ist eine ganz klare Thematik. Wirksame und bevollmächtigte Führung wird angenommen. Eine Kultur wird vorausgesetzt, die die betriebliche Belastbarkeit unterstützt. Genauso wie geteilte Information und Wissen. Die Verfügbarkeit notwendiger Ressourcen, die Entwicklung und Koordination von Steuerungselementen, die auch transparent sein sollten, die Unterstützung ständiger Verbesserungen und die Fähigkeit, Veränderungen vorherzusehen und zu steuern. Hier kann man sich vielleicht einmal Gedanken machen, ob diese Kriterien, die ich gerade aufgezählt habe, zum Beispiel in typischen operativen Managementprozessen wirklich abgebildet werden. Ein Beispiel sind, also als Beispiel für Resilienz in Prozessen, eben flexible Arbeitsprozesse, die sich anpassen können und eben auch schnell nach einer Störung wieder in den Regelbetrieb übergehen. Das setzt natürlich immer voraus, dass ich Mitarbeitende in den Prozessen habe, die bereit sind und auch in der Lage sind, sich diesen wechselnden Bedingungen anzupassen. Wenn wir jetzt die beiden Begriffe nebeneinander stellen, dann sehen wir, die Robustheit ist die Widerstandsfähigkeit. Als Bild, das ist der Boxer oder die Boxerin, die nicht sofort umfällt, die kein Glaskin hat und beim ersten Treffer des Gegners, der Gegnerin sofort K.O. ist. Die Frage ist aber natürlich, wie geht es ihr im Endeffekt? Nur weil sie lange stehen bleibt, geht sie am Ende des Kampfes nicht gut. Und sie ist auch nicht zwingend die Siegerin. Bei Resilienz wäre es die Anpassungsfähigkeit. Das wäre also der Boxer, die Boxerin, die auf der einen Seite in der Lage ist, ihren Kampfstil sehr, sehr stark und schnell auf die gegnerische Person anzupassen. Und selbst dann, wenn sie getroffen wird, schnell wieder aufsteht. Man merkt schon, das erste ist vielleicht fast so ein bisschen maskuliner Ansatz, vielleicht vielleicht auch militärischer Ansatz. Wir fahren mit dem Panzer hin, dann kann nichts kaputt gehen. Wir sind ja in diesem gepanzerten Gehäuse. Das kann man sicherlich heute auch nicht mehr so sagen, dass das der Mindset dort ist. Aber bei Resilienz würde man viel filigraner vorgehen und viel vorhersehender im Detail und adaptiver herangehen. Das gemeinsame Ziel beider Ansätze, Robustheit und Resilienz, ist die Kontinuität und damit auch Überlebensfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Und sie ergänzen sich. Die stehen sich nicht diametral gegenüber wie Feinde, sondern sie ergänzen sich in dem Sinne, dass Robustheit vor Störungen schützt, weil ich kann Störungen nie zu 100% ausschließen. Und Resilienz hilft, die Störung entweder im Vorwege durch Adaption an geänderte Bedingungen zu vermeiden und sie hilft im Regelfall ebenfalls bei der Erholung, damit ich schnell wieder aufstehe, mich schüttel und weiterkämpfen kann. Ja, das waren schon so die Hintergründe, die ich kurz erklären wollte. Ganz kurz noch eine Studie zur Resilienz und zum Thema BCM. Da hat die Handelskammer Hamburg einmal untersucht, wie es Unternehmen mit einem zertifizierten BCM-System geht und ist auf das Ergebnis gekommen, dass die Ausfallzeiten um 63 Prozent reduziert sind. Dies bedeutet sicherlich, ich verlinke die Studie, dann kann sich das jeder im Detail nochmal durchlesen, dass diese Unternehmen sowohl auf die Robustheit als auch die Resilienz ihrer Projekte und Prozesse schauen müssen. Denn diese multidimensionale Widerstandsfähigkeit wirkt insbesondere durch das Business Continuity Management. Da werden nämlich beide Dinge dann zusammengefasst. Nur so kann im Endeffekt nämlich ein struktureller Rahmen entstehen, um die Betriebskontinuität zu sichern und das Ganze, was man in diesen Schemata und Dokumentationen festlegt, mit Leben zu füllen. Wir werden in den nächsten Folgen die Begriffe Robustheit und Resilienz weiter analysieren, werden uns weitere Aspekte des ganzen BCMs anschauen. Aber das kommt in den nächsten Folgen. Ich wünsche euch jetzt erst einmal nach diesem weiteren Impuls viel Spaß und Erfolg im Beruf. Bis zum nächsten Mal, euer Carsten.

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